Intensive Diskussion bei den „Mülheimer Perspektiven“: Forderungen nach mehr Fachpersonal, besseres Image für Pflegeberufe und Lobby für pflegende Angehörige

Fachkräftemangel in der Pflege – was können wir dagegen tun? Eine intensive Diskussion mit Expert*innen aus Mülheim und NRW sowie betroffenen Laien stand im Vordergrund der Tagung der Dialog-Offensive Pflege in Kooperation mit der Selbsthilfeorganisation „wir pflegen NRW“.

„Die Dialog-Offensive Pflege ist froh und stolz, so eine Veranstaltung durchführen zu können“, sagte Jörg Marx, der als Sozialplaner die Dialog-Offensive Pflege begleitet und koordiniert. „Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen. Sie sind privat und beruflich voll ausgelastet und bringen sich trotzdem mit viel Herzblut und bürgerschaftlichem Engagement ein.“

Bei den etwa 80 Teilnehmenden waren alle Generationen vertreten, darunter eine Klasse von Altenpflege-Auszubildenden aus Mettmann, pflegende Angehörige, junge und erfahrene Pflegeprofis aus Mülheim und Umgebung. Sie alle versetzten sich in Gesprächsrunden an Tischgruppen in verschiedene Rollen und argumentieren aus diesen. Fünf Interessengruppen waren vorgegeben: Pflegebedürftige, pflegende Angehörige, professionell Pflegende, gesellschaftspolitisch Verantwortliche sowie noch nicht Betroffene. An zehn Tischen und in zwei Durchgängen wurde eine große Bandbreite an Problemen, Herausforderungen und Lösungsansätzen zusammengetragen.

Die wichtigsten Anliegen und Forderungen: Bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte; verpflichtender Zivildienst und soziales Jahr; weniger Bürokratismus; Aufwertung des Images des Pflegeberufes durch Politik, Medien etc.; mehr Nachbarschaftshilfe; Selbsthilfe stärken; mehr Prävention, um nicht pflegebedürftig zu werden; Curricula für das Thema Pflege im Unterricht allgemeinbildender Schulen entwickeln; engere Vernetzung aller an Pflege Beteiligten; höhere Transparenz der Angebote für pflegende Angehörige; und dringend: ein neues Finanzierungsmodell für Pflege insgesamt. Themen waren unter anderem auch die Einsamkeit und die Angst Pflegebedürftiger vor Abhängigkeit und Aufgabe von Selbstbestimmung sowie die Überforderung und Isolation pflegender Angehöriger.

Konsens der Beteiligten:

  1. (Alten-)Pflege ist ein Thema in der gesamten Gesellschaft. Jede*r kann als Angehörige* oder Pflegebedürftige*r davon betroffen sein!
  2. Der Fachkräftemangel muss dringend behoben werden. Azubis schilderten ihre Erfahrungen aus der Arbeit und Ausbildung. Diese waren zum Teil erschütternd und unvereinbar mit dem Anspruch auf Menschenwürde.
  3. Pflegende Angehörige, „der größte, aber unbezahlte Pflegedienst der Nation“ brauchen endlich eine Lobby.

Peter Behmenburg, Vorsitzender der Mülheimer Alzheimergesellschaft, betonte, Mülheim sei schon auf einem sehr guten Weg. Etwa Ambulante Dienste und Anbieter zum Thema Demenz seien gut vernetzt und würden ohne Konkurrenzgebaren zusammenarbeiten.

Wie geht es weiter? Der intensive Austausch der Tagungsteilnehmer*innen soll unbedingt fortgesetzt werden. Die Dialog-Offensive Pflege wird zum Anfang des kommenden Jahres eine Dokumentation der Tagung erstellen und diese über ihre Webseite www.dialogoffensive-pflege.de veröffentlichen. Die Ergebnisse der Tagung werden, so Jörg Marx, in die aktuell entstehende Planung für Alter und Pflege einfließen und von den Arbeitsgruppen der Dialog-Offensive Pflege weiterbearbeitet.

Zu den Gästen zählten unter anderen Christian Pälmke, Vorsitzender „wir pflegen NRW“, Bodo Keissner-Hesse, Leiter Bildungsakademie für Gesundheitsberufe Mettmann, stv. Bundesvorsitzender Deutscher Berufsverband für Altenpflege, Heidrun und Siegfried Räbiger, Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e.V. Bonn (Regionalbeauftragte Mülheim und Oberhausen), Sina Steffen und Alexander Wilker, Projektleiter(in) care4future Bochum. Sie alle stellten hoch interessante Projekte vor, um Pflegebedürftigen und Angehörigen zu helfen und den Pflegeberuf attraktiver zu machen.

Für alle ansprechbar zum Thema Fachkräfte und Pflegeleistungen waren außerdem Lisa Ostermeier, Arbeitsvermittlerin der Bundesagentur für Arbeit sowie Heike Gnilka, Bereichsleiterin Casemanagement im Jobcenter Mülheim sowie die Kollegen Sascha Ehlert und Winfried Markowsky von der AOK Hamburg/Rheinland.

Text: Gudrun Heyder, Fotos: Volker Flecht